Die Einführung des Begriffs "Manierismus" in die Kunstgeschichte
 
Der Begriff Manierismus leitet sich von dem italienischen Wort maniera = Art und Weise ab. So bezeichnete der Architekt, Maler und Biograph italienischer Künstler Giorgio Vasari (* 30. Juli 1511 in Arezzo; † 27. Juni 1574 in Florenz) den Stil des späten Michelangelo († 1564), von dem auch sein eigener stark beeinflusst wurde, als maniera moderna (vgl. Bild 2 im 2. Teil), wobei mit maniera hier der persönliche Stil eines Künstlers gemeint ist.
Es dauerte aber noch recht lange bis mit dem Begriff Manierismus eine ganze Kunstepoche bezeichnet wurde.
Im Jahre 1796 veröffentlichte der italienische Historiker Luigi Lanzi eine umfangreiche an Stilmerkmalen orientierte Enzyklopädie der italienischen Malerei (
Storia pittorica dell'Italia) und setzte hier erstmals den Begriff für die Charakterisierung einer Stilrichtung ein, allerdings abwertend bezogen auf die Malerei nach Raffael (Manierisierung der Renaissance).
Doch erst der Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt (1818-1897) führte den Manierismus als kunsthistorischen Epochenbegriff in die Kunstgeschichte ein.
 
 
Die Epoche des Manierismus in Italien und Nordeuropa
 
Manierismus bezeichnet in der Kunstgeschichte nunmehr die Übergangsform zwischen Renaissance und Barock in Malerei, Baukunst, Plastik, Musik und Literatur.
In Italien lässt sich der Manierismus von 1520 bis 1600 eingrenzen. Der Tod Raffaels im Jahre 1520 gilt demnach als das Ende der Hochrenaissance und als Beginn des Manierismus.
In Frankreich, Flandern, den Niederlanden und Deutschland verbreitete sich der Manierismus etwas später, etwa von 1550 bis 1610.
Während die Renaissance noch eine hauptsächlich italienische Kulturleistung gewesen ist (die indes ins übrige Europa exportiert wurde), war der Manierismus die vielleicht erste
europäische Kunstbewegung überhaupt. (1)
 
 
Der Kontrast zur Renaissance
 
Im Manierismus bildet sich ein Kontrast zur Renaissance aus. Die Künstler der Hochrenaissance hatten bei der Nachbildung der Natur einen hohen Grad von Vollkommenheit und Harmonie erreicht. Die Manieristen wenden sich nun mit eigenwilligen Ausdrucksformen von den harmonischen und ausgewogenen Darstellungen der Hochrenaissance ab und zeigen gewollt gezierte, kapriziöse und spannungsgeladene Kompositionen [vgl. (1)]. Am Anfang stand ihre Absicht, die zeitgenössische Kunst zu modernisieren, woraus sich schließlich die neue Stilepoche entwickelte.
 
 
Das 16. Jahrhundert – eine Zeit des Umbruchs
 
Betrachtet man die historischen Abläufe der damaligen Zeit, wird erkennbar, dass die Epoche des Manierismus mit gewaltigen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen in Italien und Europa zusammenfällt.
Durch die (Wieder-)Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahre 1492 verlor der für Italien wichtige Mittelmeerhandel immer mehr an Bedeutung. Spanien dagegen, das seit 1516 von dem Habsburger Karl V. regiert wurde, stieg zur Weltmacht auf und kämpfte seit 1521 mit dem von Franz I. regierten Frankreich um die Vorherrschaft in Oberitalien.
Parallel dazu gerieten - durch die von Deutschland 1517 ausgehende Reformation - der Glaube und die Macht des Papsttums ins Wanken.
1527 eskalierte die Situation in Italien, als rebellierende spanische, italienische und deutsche Söldner des habsburgischen Heeres zunächst Florenz belagerten und am 06. Mai 1527 Rom überfielen, plünderten und Papst Clemens VII. gefangen setzten (
Sacco di Roma).
Schließlich setzte die katholische Kirche mit den Beschlüssen des Konzils von Trient, das am 13.12.1545 begann, die Gegenreformation in Gang, um den sich mehr und mehr etablierenden Protestantismus - auch gewaltsam - zurückzudrängen.
Darüber hinaus sorgten neue wissenschaftliche Erkenntnisse für erhebliche Unruhe als im Jahre 1543 das Hauptwerk von Nikolaus Kopernikus
De Revolutionibus Orbium Coelestium verbreitet wurde, in dem er das heliozentrische Weltbild beschrieb.
 
 
Die manieristische Kunstauffassung als Ergebnis historischer Veränderungen
 
Unter dem Eindruck der epochalen historischen Ereignisse kam es zu einer Neuorientierung in der Kunst. Die jungen manieristischen Künstler strebten nicht mehr nach den klaren harmonischen Kompositionen der Renaissance, sondern nach Dramatik, Komplexität und Vieldeutigkeit.
 
Naturgetreues Malen kommt aus der Mode. Die Natur ist nicht mehr Vorbild: Proportionen und Perspektive werden verzerrt. Figuren werden häufig verschlungen, manchmal verdreht und mit überlangen Hälsen, Fingern und Gliedmaßen dargestellt. Die Bilder wirken dadurch gekünstelt (manieriert). Als weitere Ausdrucksform kommt mitunter eine ungewöhnliche Farbgebung hinzu.
 
Auch in der Darstellung der Räume suchen die Künstler nach Neuem. Der Hintergrund bleibt daher oft unscharf, ebenso die Beziehung der Figuren zum Raum.
 
Regeln und Traditionen verlieren ihre Bedeutung, und an deren Stelle treten die Eigenheit und Exzentrik der Künstler in den Vordergrund. Da somit eine verbindende Stilgrundlage (wie z.B. in der Hochrenaissance) fehlt, entwickelt sich ein Stilmix mit mehr oder weniger stark ausgeprägten manieristischen Elementen.
 
Ein Höhepunkt künstlerischer Eigenwilligkeit ist El Grecos Gemälde
Die Öffnung des fünften Siegels (Die Vision des Heiligen Johannes) (Bild 1). Die Figuren wirken unnatürlich in ihrer Haltung mit überstreckten Körpern. Johannes scheint nicht mehr von dieser Welt, und die Farben entbehren jeder Natürlichkeit.
Bild 1: El Greco (1541-1614), Die Öffnung des Fünften Siegels, 1608-1614
Öl auf Leinwand, 222 x 193 cm; New York, The Metropolitan Museum of Art
Weitere besonders spannende Stilelemente des Manierismus sind das Spiel mit der Erotik sowie die allegorische oder mythologische Abbildung, wodurch die Phantasie des Betrachters angeregt werden sollte, und eine Interpretation der Werke nur gebildeten Personen möglich war. Der Manierismus war seinerzeit kein volkstümlicher Stil, sondern eher eine Kunstrichtung für das intellektuellere Hofleben.
 
Der Manierismus als Kunstform einer in Umbrüchen begriffenen Welt hat seinen Ursprung in Florenz und ist eng mit dem Schicksal der Familie Medici verbunden. Deren wechselvolle Herrschaftsgeschichte mit wiederholter Vertreibung und Rückkehr sowie die damit verbundenen politischen und und gesellschaftlichen Unruhen haben Kunst und Künstler der
maniera entscheidend geprägt.
 
Von Florenz ausgehend breitete sich der Manierismus schließlich über ganz Mittel- und Nordeuropa aus. Demzufolge unterscheidend man zwischen einem Süd- und einem Nordalpinen Manierismus.
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Kuba
USA - der Südwesten
Jamaica - Dunn's River Falls
Der Manierismus - eine europäische Kunstbewegung - erläutert an Beispielen aus der Malerei
1. Begriffsbestimmung und historische Einordnung
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